Hintergrundwissen
Sand ist nicht gleich Sand!
Sand steckt in Zahnpasta, Keramik, aber auch in Computern und Smartphones. Doch 95 Prozent des Sandes, der in Deutschland abgebaut wird, wird von der Bauindustrie verbraucht. So braucht es für ein Einfamilienhaus etwa 200 Tonnen Sand in Form von Beton und Glas, in einem Krankenhaus werden 3.000 Tonnen verbaut, und 1 Kilometer Autobahn frisst allein 30.000 Tonnen.
Wo wird Sand überall eingesetzt?
Sand ist definiert durch Korngrößen zwischen 0,063 und 2 Millimeter. Was kleiner ist, nennt sich Schluff. Ab einem Einzelkorn-Durchmesser von 2 Millimeter sprechen Experten von Kies. Sind die Kieselsteine nicht abgerundet, sondern scharfkantig und liegen in der Größenordnung zwischen 32 und 63 Millimeter, werden sie auch als Splitt oder Schotter bezeichnet. Dabei werden zwei Arten von Sand unterschieden: Quarzsand, der zu über 90 Prozent aus Quarzkörnern besteht und Bausand, dessen Zusammensetzung eine Vielzahl von unterschiedlichen Mineralien aufweist. Er wird zur Herstellung von Beton verwendet, der zu über zwei Dritteln aus Sand und Kies besteht. Der feine Quarzsand hingegen wird für die Herstellung von Glas und glasfaserverstärkten Kunststoffen genutzt. Außerdem wird das Siliziumdioxid, das im Quarzsand enthalten ist, als Rohstoff für die Produktion von Mikrochips gebraucht. Sand dient also nicht nur zum Bauen, sondern auch als wichtiges Element unserer gesamten modernen Technologien.
Warum wird der Sand knapp?
Sand gibt es zwar genug auf unserem Planeten, gerade in den großen Wüstengebieten. Doch nicht jeder Sand ist brauchbar. Für die Bauindustrie geeignet sind sogenannte wassergebundene Sande, die aus unterschiedlich großen Sandkörnern bestehen. Sie haben sich über Jahrmillionen durch Sedimentabtragungen aus Gletschern von den Bergen, entlang von Flussbetten, bis hin zum Meer, gebildet. Die unterschiedlichen Größen und Formen der Sandkörner führen dazu, dass sie sich gut verkanten. Sie lassen sich deshalb mit wenig "Zementkleber" zu einem stabilen Beton verbinden. Wüstensandkörner dagegen sind alle gleich groß und vom Wind gleichmäßig rundgeschliffen. Und mit einer Größe von unter 0,063 Millimeter sind sie zu fein, um Beton die notwendige Festigkeit zu geben. Insgesamt sind nur etwa 5 Prozent aller Sandvorkommen für die Bauindustrie geeignet.
40 Milliarden Tonnen jährlich verbraucht die Menschheit aktuell an Sand, doppelt so viel wie auf natürlichen Weg entsteht. Fazit: Sand ist ein endlicher Rohstoff, der genau so knapp wird wie Rohöl.
Sandabbau – Konsequenzen für die Natur!
In Deutschland darf nur ein Drittel der Sandvorkommen in Deutschland abgebaut werden. Zwei Drittel liegen entweder in Naturschutzgebieten oder unter bebauter Fläche. Sie dürfen nicht berührt werden. Denn: "Der Abbau von Rohstoffen bedeutet einen großen Eingriff in die Natur und unterliegt deshalb strengen Regeln in Deutschland. Dies reißt große Löcher in die Landschaft. Die Sandbetreiber in Deutschland müssen dafür sorgen, dass die ausgebaggerten Bereiche auch später genutzt werden können. Zu beobachten ist, dass aufgrund des Klimawandels der Sandabbau in Deutschland verheerende Auswirkungen auf die Grundwassersituation hat. Alle bisherigen Datenmodelle zur Berechnung von Strömungen und Nachläufen innerhalb der Grundwasserkörper sind Geschichte. Messergebnisse, in vor kurzen genehmigten und begonnenen Sandabbaumaßnahmen, zeigen dramatische und großflächige Veränderungen des Grundwasserspiegels.
Kreislaufwirtschaft – Alternativen für Baumaterialien
Der Abbau von Sand ist also in Deutschland begrenzt und aktuell steigen die Preise für Baumaterialien immer mehr. Wie kann es in Zukunft weiter gehen? Eine mögliche Lösung steckt in diesem Pilotprojekt in Dübendorf auf dem Gelände der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt EMPA in der Schweiz. Dirk Hebel ist Professor für Entwerfen und Nachhaltiges Bauen am Karlsruher Institut für Technologie. Gemeinsam mit zwei Architekten hat er die Wohneinheit UMAR entworfen: Der Begriff steht für "Urban Mining and Recycling". Das Ziel ist es, einen geschlossenen Kreislauf zu schaffen. Das Wiederverwerten von Baumaterialien funktioniert am besten, wenn Materialen nicht miteinander verklebt oder verbacken sind. Man spricht dann von Kompositen. Eines der größten Komposite ist Beton. Hier werden Sand, Kies und Zement miteinander vermischt. Derzeit gibt es noch keine rentable Technologie, die diese drei Bestandteile wieder sauber in ihre ursprüngliche Form zu regenerieren. Die Wohneinheit UMAR zeigt, dass es anders geht.
Wie werden Produkte aus Sand recycelbar?
Bei UMAR gibt es Alternativen: Aus Bauschutt hergestellte Ziegelsteine, die ohne Mörtel auskommen, ersetzen herkömmlichen Wände aus Beton oder normal gebrannten Ziegeln. Die Badezimmerwand ist aus recycelten Plastikdeckeln von PET — Flaschen, die Fensterfronten kommen ohne zusätzliche Folien aus. Und die Glaskeramikplatte in der Küche besteht aus Glasscherben. Selbst die Küchenfronten sind aus nachwachsenden Pflanzenfasern hergestellt.
Umdenken durch Kreislaufwirtschaft?
Über 90 Prozent aller verwendeten Baumaterialien können so wieder in die Verwendung oder Wiederverwertung eingeschleust werden. So entsteht ein Materiallager, aus dem sich künftige Generationen bedienen können, wenn der Rückbau stattfindet. Ein Umdenken zur Kreislaufwirtschaft ist notwendig. Denn in Deutschland können wir schon heute den Bedarf an Sand und Kies kaum mehr decken.